Atommüllendlager ... im Gebiet ?

17. Januar 2019

Lesen SIE bitte die NUZ und SWP....

https://www.augsburger-allgemeine.de/neu-ulm/Atommuell-Ulmer-kritisieren-Suche-nach-Endlager-id53212361.html

 

Irgendwo muss das Zeug ja hin“

Energie Wie läuft die Suche nach einem Endlager für Atommüll? Infos dazu gibt es zunächst nur für Vertreter von Kommunen und Landkreisen. Das ruft Kritik hervor. Von Niko Dirner


Kaum in der Donauhalle angekommen, eilt Wolfram König wieder nach draußen. Dort stellt sich der Präsident des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) mitten in die kleine Gruppe von Demonstranten. Rund zwei Dutzend Mitglieder hat der BUND aufgeboten, um gegen die Veranstaltung des BfE für Vertreter von Landkreisen und Kommunen zu protestieren. Die Berliner Behörde will darüber informieren, wie die Suche nach einem deutschen Endlager für Atommüll abläuft. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Infos klaut!“, skandieren die Demonstranten. Sie stören sich daran, dass die Öffentlichkeit von dem Termin ausgeschlossen ist. „Ich freue mich über ihr Engagement“, sagt König.


Brigitte Dahlbender, die Landesvorsitzende des BUND in Baden-Württemberg aus Ulm, lässt sich von dieser Charme-Offensive freilich nicht beirren. Protest erprobt durch ihren jahrelangen Widerstand gegen Stuttgart 21 hat sie sich mit ihrer Organisation nun einem neuen Großprojekt zugewandt. Wobei sich der BUND nicht gegen ein Endlager für Kernbrennstäbe richtet, das wegen der Tonstein-Schichten auf der Schwäbischen Alb gebaut werden könnte. „Ein Export ins Ausland kommt nicht in Frage.“


Das Suchverfahren aber müsse transparent ablaufen, von Anfang an mit Beteiligung der Menschen, wenn es gelingen soll. Das lehre die Debatte um Stuttgart 21 und der Widerstand gegen den früheren Endlagerstandort Gorleben. Dass die Kommunalvertreter hinter verschlossenen Türen tagen, nennt Dahlbender einen „Skandal“: Es entstehe eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“, von Bürgermeistern und Beamten, die mehr wissen, als die Bevölkerung.


Doppelrolle der Kommunen


König widerspricht – draußen vor der Halle und später drinnen in einer Pressekonferenz, zu welcher die Demonstranten keinen Zutritt haben: Die Kommunalvertreter hätten darum gebeten, in einem „geschützten Rahmen“ offen diskutieren zu können. Transparenz bedeute nicht, dass jeder an jeder Veranstaltung teilnehmen kann. Zudem sei der BUND im Nationalen Begleitgremium vertreten, das die Suche überwacht. Auf der anderen Seite wolle das BfE alle Informationsbedürfnisse der Kommunen kennenlernen – wie in den vorgehenden Veranstaltungen in Hamburg, Frankfurt und Leipzig. Denn die Landratsämter und Rathäuser seien die „erste Anlaufstelle“ für die Bürger. Diese Doppelrolle der Kommunen und Kreise rechtfertige „das spezielle Format“.


Erst, wenn 2020 die „Teilgebiete“ für das Lager feststehen, also konkrete Regionen auf Basis geologischer Erkundungen identifiziert sind, werde es eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit in Regionalkonferenzen geben. „Dann startet der formale Beteiligungsprozess“, Aspekte wie Bevölkerungsdichte, Erdbebengefahr oder Gefahren für das Grundwasser werden berücksichtigt. Aktuell laufen die geologischen Untersuchungen, es gebe dazu nichts Konkretes. Auch nicht hinter verschlossenen Türen für die Kommunalvertreter. „Es werden keine Ergebnisse vorgestellt.“


Dass das BfE für ganz Süddeutschland nach Ulm einlädt, habe allein damit zu tun, dass die Stadt aus allen Richtung verkehrlich gut erschlossen ist. Die Informationen, die den Bürgermeistern und Beamten vorgelegt würden, seien frei im Internet abrufbar. König sicherte Dahlbender aber zu, er oder ein Vertreter seines Amtes würden einer Einladung des BUND nach Ulm folgen.


Zwischenlager ungeeignet


Der BfE-Präsident machte deutlich, dass ein Endlager gefunden werden muss: „Irgendwo muss das Zeug ja hin.“ Die bei den Atommeilern bestehenden Zwischenlager seien dafür nicht geeignet. Kein Beton, kein Stacheldraht, keine Wachmannschaft biete dauerhaften Schutz.


Um möglichst viele Menschen mitzunehmen, gehe es darum, den Findungsprozess nachvollziehbar zu gestalten. Wenn die Entscheidung für einen Standort gefallen ist, müsse diese Region als „Gewinner“ betrachtet werden: „Dieser Standort trägt die Last für alle.“ Ihm sei aber klar: „Es wird Widerstand geben.“

 

Ulm und Neu-Ulm

Kommentar Niko Dirner zur Suche nach einem Atom-Endlager

Schaler

Beigeschmack


Berührungsängste hat Wolfram König nicht. Er, der mit seinem Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) die Suche nach einem atomaren Endlager moderieren soll: Vorbildlich hat er sich gestern ohne zu zögern den Demonstranten gestellt und auf Augenhöhe mit ihnen diskutiert. Als Mitglied der Grünen steht der frühere Umwelt-Staatssekretär auch bestimmt nicht im Verdacht, auf Seiten der Atomlobby zu sein.


Und dennoch hinterlässt das gewählte Format für den Auftakt in das Suchverfahren einen schalen Beigeschmack. Es muss den Verantwortlichen im BfE doch klar gewesen sein, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit nur Unmut hervorruft. Verschwörungstheorien produziert. Politikverdrossenheit fördern kann. Der Verweis auf den Gesetzestext und die Bitte der Kommunalvertreter, einmal ungestört diskutieren zu können, überzeugen nicht. Offen bleibt, warum auch keine Pressevertreter zugelassen wurden. Wenn es nicht anders geht, dann halt wenigstens am Vormittag, wenn Mitarbeiter von Königs Behörde die sowieso frei verfügbaren Informationen vortragen.


BUND-Vorkämpferin Brigitte Dahlbender hat schon Recht, wenn sie von einem „schlechten Start“ für das Verfahren spricht. Dass König auf Anfrage des BUND zu einer öffentlichen Veranstaltung nach Ulm kommen würde, ist ein richtiger Schritt. Er kommt aber zu spät.

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