Klimawandel und Migration? Gibt es einen Zusammenhang?
31. August 2019
Lesen SIE bitte die SWP:.
Unzuverlässige Zahlen
140 Millionen Menschen könnten bis 2050 durch Dürren, Missernten, Sturmfluten und steigenden Meeresspiegel ihr Zuhause verlieren, warnt die Weltbank. Die UN gehen von aktuell 20 Millionen „Klimaflüchtlingen“ pro Jahr aus, vorsichtigere Berechnungen schätzen, dass 2,2 Millionen Menschen im vergangenen Jahr ihr Zuhause aufgrund der Klimakrise verlassen mussten. Aber wie verlässlich sind diese Zahlen?
„Trotz vermehrter Anstrengungen um eine solide Datenbasis sind Daten zur aktuellen Migration, auf der künftige Schätzungen und Modellierungen aufbauen müssten, oft lückenhaft“, geben Migrationsforscher des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu bedenken. Das Problem: Gerade in den unterentwickelten Regionen, in denen die Menschen dem Klimawandel schutzlos ausgeliefert sind, fehlt es an belastbaren Daten. Den genannten Zahlen mangelt es also oft an verlässlicher Grundlage.
Zudem spielt bei Wetterphänomenen stets das Zuordnungsproblem eine Rolle: Ist an der Dürre oder Überschwemmung, die die Menschen in die Flucht getrieben hat, wirklich die Erderwärmung schuld, oder hätte die Umweltkatastrophe auch ohne Klimawandel stattgefunden? Diese Frage zu beantworten, ist oft nicht möglich. Innenstaatssekräter Stephan Mayer hält Vorschläge wie jene des renommierten Klimaforschers und Regierungsberaters Hans Joachim Schellnhuber und der Grünen, „Klimapässe“ zu verteilen, deswegen für problematisch. „Ich rate dringend zu Zurückhaltung, wenn es darum geht, geografisch bestimmte Klimabedingungen im Herkunftsland mit dem Recht auf Asyl zu verknüpfen“, sagte er. Klimapässe sollen vor den Folgen des Klimawandels flüchtenden Menschen Zugang zu sicheren Staaten gewähren.
Die Frage ist jedoch auch, wie viele Klimaflüchtlinge zukünftig nach Europa kommen werden. Tatsächlich gibt es dafür wenig Anhaltspunkte. „Menschen, die aufgrund eines klimatischen Ereignisses umsiedeln, legen dabei normalerweise nur kurze Strecken zurück“, sagt die Fluchtforscherin Valerie Mueller, die sich an der „School of Politics and Global Studies“ in Arizona auf klimabedingte Migration spezialisiert hat. Sie sagt: Die meisten Menschen bleiben innerhalb ihres Landes. Igor Steinle