Vertrieben und angekommen..
02. September 2019
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Vertrieben und angekommen
Historie Eine Ausstellung im Pfuhler Museumsstadel zeigt die Familiengeschichten von Flüchtlingen, Spätaussiedlern und Heimatvertriebenen in Neu-Ulm. Von Henri Gallbronner
it einem ökumenischen Gottesdienst und einem Vortrag von Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, wurde am Samstagabend im Pfuhler Museumsstadel die Ausstellung „Heimatvertriebene, Flüchtlinge, Spätaussiedler – angekommen in Neu-Ulm“ eröffnet. Entstanden ist sie in einem Bürgerprojekt im Rahmen des Stadtjubiläums.
An elf Lebensläufen, die die Mitglieder des Arbeitskreises um Erwin Franz aus Gerlenhofen über sich und ihre Familien erarbeitet haben, wird das Schicksal der Menschen aufgezeigt, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten nach Neu-Ulm kamen. Die Geschichte der Heimatvertriebenen sei „ein wichtiger Baustein unserer Stadtgeschichte“, sagte Oberbürgermeister Gerold Noerenberg in seinem Grußwort. Die Ausstellung sei auch eine „Mahnung, zur verhindern, dass so etwas noch einmal in Europa passiert.“
In 26 Sitzungen über anderthalb Jahre hat der Arbeitskreis die Austellung erarbeitet. Die Idee dazu hatte Erwin Franz, der selbst im Böhmerwald geboren wurde und mit acht Jahren zunächst nach Neenstetten kam. Seine Mitstreiter fand er über persönliche Verbindungen, die er sich durch seine jahrzehntelange Aktivität in Stadtrat, Kreistag und im Gerlenhofener Vereinsring aufgebaut hat, wie er erzählt. „Am Anfang hatten wir ein bisschen Fluktuation“, sagt Franz. Für einige habe sich das Projekt als zu anspruchsvoll erwiesen.
Ankunft unter Polizeischutz
Franz’ Familie wurde zunächst innerhalb Tschechiens deportiert. In Südböhmen ging er auf eine Schule, an der er der einzige deutsche Schüler war. „Ich weiß, was Minderheit bedeutet“, sagt er dazu heute. Am vorläufigen Ende ihrer Mehrjährigen Odyssee in Neenstetten wurde die Familie auch nicht gerade willkommen geheißen. „Ein Polizist stand außen an der Treppe, einer innen“, erinnert sich Franz an die Einquartierung in einem Bauernhof, die gegen den Willen des Bauern stattfand.
Ortfried Kotzian erinnerte in seinem Eröffnungsvortrag nicht nur an den Beginn des Zweiten Weltkrieges, der sich am Sonntag zum 80. Mal jährte, sondern auch an den Hitler-Stalin-Pakt, der dem Überfall auf Polen vorausging und für viele Deutsche in Osteuropa der Ausgangspunkt für den Verlust ihrer Heimat war. Der Experte erläuterte, wie die verschiedenen Gruppen von Flüchtlingen, Vertriebenen und Aussiedlern in mehreren Wellen in die heutige Bundesrepublik kamen: „Diese Menschen waren auch nicht alle gleich“, sagte Kotzian – auch, wenn sie für die Einheimischen alle „Hurraflüchtlinge“ gewesen seien.
Info Die Ausstelung im Museumstadel des Heimatmuseums Pfuhl ist noch bis zum 22. September jeweils samstags und sonntags ab 14 Uhr geöffnet. Führungen finden jeweils um 14 Uhr statt, um 15 Uhr gibt es Vorträge. Der Eintritt ist frei.