Entertainer Harald Schmidt .. zu Neu-Ulm

28. März 2019

Lesen SIE bitte die SWP...

27.03.2019 Neu-Ulm und Umgebung

„Der Neu-Ulmer weiß schon, was ich meine“

Jubiläum Entertainer Harald Schmidt gratuliert zur Stadterhebung vor 150 Jahren:
„Das ist doch alles großartig gelaufen bisher.“ Von Hans-Uli Mayer

Hat schöne Erinnerungen an Neu-Ulm: Entertainer und TV-Moderator Harald Schmidt.

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arald Schmidt ist in Neu-Ulm geboren und der wohl bekannteste lebende Sohn der Stadt. Wir trafen ihn im Hotel am Schlossgarten in Stuttgart, wo er derzeit für eine Sprechrolle in der Oper Ariadne auf Naxos probt. Schmidt spricht über seine vierwöchige Kindheit in der Kasernstraße, über spätere Verwandtschaftsbesuche und gratuliert Neu-Ulm in der ihm eigenen Art zum Jubiläum 150 Jahre Stadterhebung. Aus diesem Anlass liegt der Freitagsausgabe eine extra Beilage bei.

Herr Schmidt, frei nach Heinrich Heine: Denk’ ich an Neu-Ulm in der Nacht ...

Harald Schmidt: ... so bin ich jedenfalls nicht um den Schlaf gebracht, um etwas abgewandelt, aber auch mit Heine zu antworten. Nein, ich habe schöne Erinnerungen an meine Geburtsstadt. Wir waren oft zu Besuch bei der Verwandtschaft in Neu-Ulm, aber auch bei Tanten in Pfaffenhofen und Attenhofen. Ich weiß noch, dass wir in der Kasernstraße 1 gewohnt haben und direkt gegenüber die legendäre Eisdiele Bauer (HaBu, Anm. d. Red.) war.

Sie sagten mal, dass alles, was Ihnen zu Neu-Ulm angedichtet wird, nicht zuträfe, Sie es aber irgendwann in Ihre Biografie aufgenommen hätten, weil Sie keine Kraft mehr haben, sich dagegen zu wehren.

Nein, das stimmt alles. Ich kann mich noch gut erinnern, wie an der Geislinger Steige eine zweite Lok angekoppelt wurde, um den Zug auf die Alb zu ziehen. Oder wie wir auf der Donau Tretboot fahren waren. Der Kampf war ja, nicht nach Budapest abgetrieben zu werden. Ich erinnere mich auch noch daran, wie wir schwimmen waren in der Donau. Und auf meiner Modelleisenbahn hatte ich später den Neu-Ulmer Bahnhof als Bahnhof.

Sie sollen Neu-Ulm mal als das Sibirien Bayerns bezeichnet haben.

Ach, da ging es nur um die Pointe. Einer von fünf Millionen Gags ohne inhaltliche Anbindung. Nein, ich finde Ulm und Neu-Ulm ganz toll. Die Region boomt doch. Und wenn dann Stuttgart 21 fertig ist, dann sind Sie hier am Nabel der Welt. In dem Zusammenhang grüße ich ganz herzlich Onkel Franz und Tante Maria in Ludwigsfeld. Ich hoffe, die Nachbarn stecken euch mindestens 25 Gratis-Exemplare in den Briefkasten.

Sie sind ja so etwas wie der Einstein von Ulm ...

... oder die Hildegard Knef von Neu-Ulm.

Einstein war immerhin 15 Monate in Ulm. Ihre Familie ist schon vier Wochen nach Ihrer Geburt geflohen. War es so schlimm in Neu-Ulm?

Nein, überhaupt nicht. Mein Vater hat in Nürtingen einen Job bekommen, deshalb sind wir umgezogen. Das waren Zeiten, in denen Familien noch zweigeschlechtlich zusammen wohnten und man noch nichts von Mit-Müttern wusste.

Finden Sie den Vorschlag von Justizministerin Katharina Barley denn blöd?

Dass lesbische Frauen adoptieren dürfen, ist eine Top-Idee von Katharina Barley, die die Klientel der SPD wahnsinnig interessiert. Das wird sie bei der Europawahl ganz nach vorne bringen.

Zurück zu Einstein.

Ein schöner Vergleich. Das ehrt mich. Die Frage ist nur, wissen die jungen Menschen heutzutage noch, wer Einstein war? Uns verbindet, dass nach dem 40. Lebensjahr nicht mehr viel kam. Seine größten Erfindungen hat er vorher gemacht, hab ich jetzt gehört.

Bei Ihnen kam danach nichts mehr?

Beruflich?

Ja, beruflich?

Mal nachrechnen. 1997 war ich 40 Jahre alt. Nein, das stimmt nicht. Da kam ja erst die Late-Night-Show. Das war eine sehr prägende Zeit für mich.

Was bedeutet Heimat für Sie?

Frei nach Hansi Hinterseer ist Heimat da, wo dich der Nachbar grüßt. Wenn meine Mutter daheim sagt, dann meint sie nicht Nürtingen oder Neu-Ulm, sondern Südmähren.

Sie leben seit vielen Jahren in Köln. Ist Köln Ihre Heimat?

Ich lebe gerne dort, aber meine Wurzeln liegen klar im Schwäbischen. Allein wenn ich hier aus dem Fenster dieses Hotels schaue, dann sind im Umkreis von ein paar hundert Metern wichtige Stationen meines Lebens. Das Schauspielhaus, das Theater und 600 Meter weiter das Kreiswehrersatzamt.

Sie haben den Kriegsdienst verweigert?

Ja, aber der Termin war am 20. April 1976, und weil ich auf die Frage des Vorsitzenden wusste, dass es Führers Geburtstag ist, war ich durch. Die Verhandlung hat nur zwei Minuten gedauert, dann war ich anerkannt.

Der Fotograf Ferdinando Iannone weist Harald Schmidt darauf hin, dass sein Hemd nicht gut sitzt und auf Bauchhöhe unvorteilhafte Wölbungen macht.

(Lacht) Ich bin so toll, bei mir ist es scheißegal, wie ich aussehe. (Lacht lauter) Wie Marlon Brando in der Schlussphase.

Noch mal zurück zur Heimat.

Ja, meine Herkunft bietet mehrere Varianten. Ich bin das Kind von Vertriebenen. Meine Mutter kommt aus Mähren, mein Vater aus dem Sudetenland. Die böhmisch-mährische Kultur bietet eine extrem künstlerisch-komödiantische Grundlage.

Sie sind an der Donau geboren, am Neckar aufgewachsen und leben jetzt am Rhein. Hat das eine Bedeutung für Sie?

Das hat schon seinen Reiz. Als Kind war ich immer davon fasziniert, dass die Donau bis ins Schwarze Meer fließt. Das ist schon ein toller Blick auf die Donau – egal, ob von Ulm oder Neu-Ulm aus. Ich bedauere, dass der Neckar in Stuttgart so zugebaut ist. In Köln hat man viel vom Rhein, ganz toll ist das Flussufer in Düsseldorf.

Es heißt ja, dass der Rhein der Gründungsfluss für die Europäische Union ist und die Donau der Erweiterungsfluss.

Ja, die Donauschwaben und so. Die sind ja von Ulm aus los, glaube ich. Tolle Geschichte.

Kennen Sie den bösen Spruch, das Schönste an Neu-Ulm ist der Blick auf Ulm?

Ich halte nichts von diesen Städterivalitäten. Ganz schlimm ist das zwischen Köln und Düsseldorf. Was, bitte schön, hat das in Zeiten von untergehenden Imperien noch zu suchen? In Zeiten, in denen sich beispielsweise die USA zerlegen.

Haben Sie schon mal etwas vom Nuxit gehört?

Ich kenne den Brexit. Aber Nuxit? Nein. Was soll das bringen?

Die Stadt will durch die Loslösung vom Landkreis eigenständiger werden, freier in ihren Entscheidungen.

Warum? Das läuft doch alles rund bei euch. Da brummt es doch in Bayern und Baden-Württemberg. Die Umgebung hat unglaubliches Potenzial. Das obere Donautal ist mit das Schönste, das es gibt. Wenn Greta (die schwedische Klimaaktivistin von Fridays for Future, Anm. d. Red.) dafür sorgt, dass Flugreisen künftig eingeschränkt oder gestrichen werden, wird der Tourismus im Donautal boomen. Dann geht kein Flieger mehr nach Malle, dann kommt der Pott in den Ferien ins Donautal.

Es gibt einige bekannte Ulmer und Neu-Ulmer. Fällt Ihnen etwas zu Uli Hoeneß ein?

Zu Hoeneß ist alles gesagt. Der hat den Kreis der Möglichkeiten voll ausgeschritten. Das ist kein Aufreger mehr. Nein, es gibt keinen Bedarf mehr, ihn noch durch den Kakao zu ziehen. Hoeneß bringt keinen Google-tauglichen Spruch mehr.

Sie sind Fan und Mitglied des VfB Stuttgart, aber auch Mitglied des FC Bayern München. Wie geht denn das zusammen?

Ich hatte vom FC Bayern nacheinander drei Bayern-Spieler als Gast in der Late-Night-Show – Didi Hamann, Mehmet Scholl und Thomas Helmer. Helmer hat mir dann einfach ein Beitrittsformular auf den Tisch gelegt, da habe ich halt unterschrieben. Immerhin liegt meine Mitgliedsnummer noch unter 30 000. Hansi Müller vom VfB hat mich mal in der Tiefgarage überrascht.

Haben Sie zum Stadtjubiläum einen besonderen Wunsch an Neu-Ulm oder vielleicht Glückwünsche parat?

Ich wünsche der Stadt, dass es im Digitalen so weitergeht. Neu-Ulm ist eine tolle Kombination aus regionalen Wurzeln und Cyber-Zukunft. Der Neu-Ulmer weiß schon, was ich meine.

Apropos digital. Sie verbieten Ihren fünf Kindern vor ihrem 14. Geburtstag den Gebrauch von Smartphones. Wie erklären Sie das?

Das bringt tatsächlich jeden Tag Erklärungsbedarf. Aber das ist es wert. Wenn Sie einem Zehnjährigen ein Smartphone erlauben, können Sie ihm auch gleich Kokain geben. Da brauch ich den Spitzer nur als Hilfsargument (der Ulmer Hirnforscher und Professor Manfred Spitzer warnt seit Jahren vor dem übermäßigen Gebrauch neuer Medien, Anm. d. Red.).

Ein scharfer Satz.

Ja, aber der Satz ist Google-tauglich. Ein Interview braucht mindestens einen Google-tauglichen Satz. Ich rede wie ich will und schaue, was die Sprachpolizei daraus macht.

Sie treten demnächst mit einer Sprechrolle in der Oper Ariadne auf Naxos in Stuttgart auf und gehen dann wieder zum Dreh aufs Traumschiff. Kommen Sie irgendwann mal die Donau hochgeschippert?

Das passt nicht auf die Donau. Dabei sind Ulm und Neu-Ulm echt serientauglich. Meine Lieblingsidee ist die vom coolen Schwaben-Doc. Alles, was Jens Spahn in Berlin so vorschlägt, macht der längst. Digital über die Alb – auch ohne Empfang.

Warum spielen Sie überhaupt im Traumschiff mit?

Wegen der tollen Reisen.

Was ist mit einer Rolle als Kommissar in einem Ulm/Neu-Ulmer Tatort? Die Rolle in Freiburg haben Sie ja ausgeschlagen.

Tatort ist uninteressant. Ich halte da an meiner Lieblingsidee vom coolen Schwaben-Doc fest. Leider fehlt es den Redakteuren an Fantasie. Allein was die Landschaft zwischen Alb und Bodensee hergibt, das hat Potenzial für eine tolle Serie.

Zum Abschluss noch eine technische Frage. Sie sind der einzige Interviewpartner überhaupt, der ein Wortlaut-Interview vor der Veröffentlichung nicht noch einmal gegenlesen will. Warum das denn?

Das stimmt. Das mache ich seit Jahren nicht mehr. Die Interviews werden viel lebendiger. Ansonsten sind die von Politikern und ihren Pressereferenten glattgebügelt. Ihre Kollegen freuen sich. Und es erhöht den Druck auf meine Kollegen, weil es heißt, der Schmidt liest nicht Korrektur.

 

A echter Schwobaseggl

Biografie Harald Schmidt ist am 18. August 1957 in Neu-Ulm geboren und in Nürtingen aufgewachsen – mithin a echter Schwobaseggl. Er lebt mit seiner Partnerin und fünf Kindern in Köln. Er hat in Stuttgart die Schauspielausbildung gemacht, wechselte aber ins TV, wo er mit  Schmidt-Einander und der Late-Night-Show große Erfolge hatte.

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